KI und Idiokratie
Die technologische Kultur und die Abschaffung von Kreativität und Denken
Die Technologie durchdringt diese Gesellschaft und jede soziale Tätigkeit. Sie ist aus keinem Aspekt des sozialen Lebens mehr wegzudenken. Die Technologie durchzieht unser Leben – und diese technologische Durchdringung bedeutet ein Voranschreiten der Kolonisierung unseres Denkens und Lebens, ein Voranschreiten unserer Unfreiheit. Zwischen uns und die Welt ist ein Bildschirm getreten. Der Bildschirm soll uns mit allem verbinden und verbunden halten – gleichzeitig trennt uns der Bildschirm von der Welt.
Die Technologie vermittelt alles und distanziert uns so von allem - wir entfremden uns von uns, voneinander und der Welt und beinahe alle Aspekte des Lebens werden via Bildschirm geregelt. Jede Tätigkeit und Beziehung, die wir via Bildschirm regeln, ist entfremdet, verfremdet, nicht direkt – denn sie ist vermittelt, wir bleiben voneinander getrennt und die Technologie vermittelt und tritt zwischen uns. In den vergangenen paar Jahren hat sich das Ausmaß mit welchem soziale Tätigkeiten in die digitale Sphäre verlagert massiv intensiviert: Heute ist es keine Selbstverständlichkeit mehr zu betonen, dass es etwas anderes ist, sich via Bildschirm zu sehen, anstatt sich zu
treffen. Miteinander zu reden, anstatt zu chatten. Eine Zeitung zu lesen, anstatt eine News-App durchzuscrollen. Sich verbindlich zu verabreden, anstatt etwas lose auszumachen und anzunehmen, dass man immer erreichbar ist, damit man im letzten Moment stets die Modalitäten der Verabredung regulieren kann. Einen Brief zu schreiben, anstatt eine Voice-Message zu senden. Einen Text zu schreiben oder zu übersetzen, anstatt ihn von KI schreiben oder übersetzen zu lassen. Es macht einen Unterschied, ob man jemandem einige Flugblätter gibt oder von einer kommenden Veranstaltung erzählt, oder ob man eine Einladung an das Smartphone seiner Bekannten schickt.
Die Technologie trennt uns voneinander, sie raubt uns etwas: die direkten, unvermittelten Begegnungen, Sinneseindrücke, Erfahrungen und Gefühle.
Die Technologie schreibt sich immer mehr in unser Leben ein. Die Art und Weise, wie wir kommunizieren und unsere Beziehungen gestalten, hat sich im Laufe des letzten Jahrzehnts verändert. Doch nur wenn wir diese Veränderung bemerken, können wir über sie reflektieren. In der Regel wird sie jedoch nicht bemerkt – beziehungsweise nicht als etwas Negatives wahrgenommen, da die Technologie als positiv oder natürlich empfunden wird. Die Technologie ist unsichtbar und selbstverständlich geworden. Sie ist in jeder unserer Beziehungen eingeschrieben und wird nicht mehr als Vermittlung und Entfremdung bemerkt. In einer Gesellschaft in der alle Bereich und Tätigkeiten, von Arbeit bis Freizeit, von Krieg bis Politik, von Sexualität bis hin zum Denken Technologie integrieren und technologisch vermittelt werden, wird die Technologie nicht mehr als solche wahrgenommen. Der Bildschirm ist überall und nirgends.Der Bildschirm ist vermeidlich nicht anti-sozial, denn alles Soziale wird via Bildschirm vermittelt, kommuniziert, verwaltet, organisiert und konsumiert. Diese Gesellschaft ist eine Bildschirmgesellschaft wir sind Teil davon.
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„ Ohne Imagination können wir nur in der Herdenmentatlität denken, nur entlang der vorherrschenden Redensweise - also gar nicht.“
„Die Kultur dieser Gesellschaft ist eine technologische Kultur und sie formiert sich rund um den Bildschirm.“
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Vordergründige Eigenschaft des Bildschirms ist die Entkörperlichung. Wir delegieren an das Gerät. Das Gerät tritt in den Kontakt mit der Welt, nicht wir. Nicht wir nehmen die Welt war, sondern der Bildschirm zeigt uns eine falsche Realität. Auf dem Bildschirm scheint alles verfügbar. Der Bildschirm täuscht vor, dass das sich miteinander verbinden, das sich miteinander organisieren, das miteinander kommunizieren eine Leichtigkeit ist. Doch tatsächlich sind wir alleine mit dem Bildschrim – wir kreisen um uns selbst und nicht umeinander. In totaler Isolation erscheint uns die Welt in totaler Selbstbezogenheit zu Füßen (zu Fingern) zu liegen. Der Bildschirm objektifiziert alles und alle. Die Wirklichkeit wird der Kontraste beraubt, es gibt nur noch Objekte. Wir treten nicht mehr miteinander in Beziehung, sondern ziehen uns in eine Blase zurück. Zwischen unserer Blase und der Welt liegt der Bildschirm. Digitale Kommunikation bedeutete Kommunikation ohne Körper und Blick. Der Andere ist nunmehr kein komplexer, vielschichtiger, sich verändernder Anderer, ein Kontrast, ein Körper – sondern eine Oberfläche, ein Objekt, eine Verfügbarkeit.
Die digitale Realität ist eine Welt der Selbstbezogenheit und Blasen. Die soziale Dynamik der Technologie ist antisozial, sie isoliert, distanziert und entkörperlicht. Man chattet in der eigenen Blase. Die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht wird durch die Kommunikation von Bildschirm zu Bildschirm durchdrungen, überlagert, überschattet und übernommen. Wir nehmen die Welt wahr mittels Technologie und so kommt uns die Welt abhanden. Wenn wir nach einem Weg suchen, suchen wir nicht in der Welt, sondern auf dem Bildschirm. Wenn wir etwas recherchieren, überprüfen und hinterfragen wollen, gehen wir für unsere Recherche nicht hinaus in die Welt, sondern befragen das technologische Orakel. Wenn wir einsam sind, erhoffen wir vom allmächtigen Bildschirm, dass er uns von unserer Einsamkeit befreit. Wenn wir nach einer Lösung suchen, fragen wir die allwissende KI.
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Die Kultur dieser Gesellschaft ist eine technologische Kultur und sie formiert sich rund um den Bildschirm. Der Bildschirm empfängt oder formt nicht die Kultur, er prägt sie, der Bildschirm und die Technologie als solche werden in der Gesellschaft zentral. Wenn die Umgangsformen, Verständigungsformen und Riten über Ländergrenzen hinweg Technologie zum Ausgangspunkt der Begegnung und Verständigung nehmen, dann kann man von einer globalen technologischen Kultur sprechen. Kultur im Sinne einer „Gesamtheit der geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft“ ist in dieser Gesellschaft technologisch. Die Kultur dieser Gesellschaft kreist um die Technologie und richtet sich nach dieser aus. Alles Menschliche wird in dieser Zivilisation von Technologie geformt, geschaffen und vermittelt. In einer technologischen Gesellschaft ist die Technologie ferner ein Kulturschaffender. Kultur ist nicht mehr ausschließlich eine menschliche Schöpfung. Die Technologie malt, dichtet, argumentiert, denkt, löst Probleme und schöpft alles, was wir von ihr verlangen. Die allzu menschliche Eigenschaften kreativ zu sein, ist ferner kein rein menschliches Terrain. Stattdessen entwickelt der Mensch in der technologischen Gesellschaft kulturschaffende Technologien, welche wiederum die Kultur der technologischen Gesellschaft prägen und neu formieren.
Heute weiß der Mensch nicht mehr, was von Technologie gezaubert und was von Mensch geschaffen wurde – Mensch und Technologie sind eins geworden. Letzlich ist es irrelevant, ob Menschen oder Technologie Kultur schaffen, wenn der Unterschied für die Menschen ohnehin keine Bedeutung hat. Es ist hinlänglich, dass die Technologie nicht wirklich denken kann, wenn der Mensch denkt, dass sie es kann. Was dahinter steht ist die Überwindung und Abschaffung der Kreativität und des Denkens als menschliche Tätigkeit. Wenn es in dieser Kultur keinen Unterschied mehr gibt, ob etwas von Mensch oder Technologie geschaffen, erdacht, geschrieben oder argumentiert wird, dann ist der Weg geebnet, jedes Schaffen und Denken an die Technologie zu delegieren und es dieser zu überlassen. Die Technologie ist perfekt, der Mensch ist immer fehlbar im Vergleich zu ihr. Wenn Kreativität und Denken aber tatsächlich rein menschliche Fähigkeiten sind, da Technologie weder fühlen, noch denken, noch spüren, noch leben kann, dann bedeutet die Totalität der technologischen Kultur in Wahrheit die Abschaffung der Kreativität und des Denkens. Natürlich können Menschen immer noch denken und kreativ schöpfen, doch kulturell wird das menschliche Denken und Schöpfen in der technologischen Kultur degradiert, da die technolotische Kultur menschliches Schaffen für per se imperfekt hält. Somit zählt die technologische Schöpfung als Maß aller Dinge und Norm und somit mehr als die menschliche Schöpfung. Was beim Handwerk bereits der Fall ist, wird auch beim Denken der Fall sein: handwerkliche Produkte sind ein Relikt aus der Vergangenheit, antiquiert, etwas was sich nur Liebhaber und Reiche leisten können. Vielleicht haben sie mehr Charakter, da sie individuell sind, doch gesellschaftlich wurden sie vollumfänglich von der Industrie, also der Technologie, verdrängt. In Zukunft werden fast ausschließlich Artikel, Texte, Recherchen, Drehbücher und Bilder konsumieren, die von der Technologie geschaffen wurden. Und da es nicht mehr zu unterscheiden und herauszufinden sein wird, was von Technologie geschaffen und erdacht wurde und was vom Menschen, wird die Technologie zurn Norm, zur Hegemonie, zum Ideal.
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„Wenn jedoch die ganze Gesellschaft der Technologie die Fähigkeit zugesteht, logisch und wahr zu sein, dann ist nur noch die Technologie logisch und wahr, denn sie bestimmt ferner darüber, was logisch und wahr, was falsch und richtig ist“.
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Diese soziale Veränderung die mit der Entwicklung von KI einhergeht, bedeutet, dass in dieser Gesellschaft die Technologie über dem Menschen thront – sie ist höher gestellt, da sie für intelligenter gehalten wird. Was diese Veränderung tatsächlich bedeutet, können wir noch nicht erfassen. In der Vergangenheit erschien die Technologie nur in bestimmten Belangen des alltäglichen Lebens perfekt. Die Anwendungen waren noch oft offensichtlich mathematischer Natur, d.h. es war in gewisser Weise erkennbar, dass Technologien immer nummerisch sind, dass alle Technologien Rechenmaschinen sind (z.B. Anwendungen zur Orientierung, zum Durchsuchen, zum Speichern). Dass KI nun in alle Bereiche des Denkens und Schaffens einfließt und diese stückweise übernehmen und ersetzen wird, bedeutet, dass Menschen ferner nicht mehr selber denken und schaffen, sondern technologische Denk- und Schöpfungsmaschinen bedienen. Wenn wir nun aber sagen würden, dass die Technologie statt des Menschen denkt und schafft, dann stimmt das nicht. Denn Technologie kann nicht schaffen oder denken, sie kann nur rechnen. Sie kann perfekt rechnen. Die Technologie täuscht uns vor, dass sie rechnen und schaffen kann, indem sie aus all den menschlichen Schöpfungen „lernt“ und diese perfekt kopiert und reproduziert. Das technologische Denken und Schaffen ist eine Täuschung, die perfekt ist. Dass dem menschlichen Denken und Schaffen Eigene ist jedoch, dass es sich hinterfragen und diskutieren lässt. Es ist zum einen tief mit den eigenen Gefühlen und Erfahrungen verbunden, mit der sozialen Prägung, den eigenen Ideen und Inspirationen, der Umgebung und dem jeweiligen Moment und auf einer weiteren Ebene eng an die philosphischen Konzepte von Logik, Wahrheit und Schönheit gekoppelt. Die Technologie kann aber nicht nur nicht fühlen und erfahren, sie hat keine Sozialisation, keine Ideen und kein Leben und somit kann sie nichts verstehen, noch hinterfragen, noch diskutieren. Eine Banalität, die die letztlich zutiefst konterrevolutionäre Natur der Technologie beschreibt, ist jene, dass sie nur reproduziert, und deswegen nichts neues schaffen oder denken kann – wenn man neu als etws versteht, das tatsächlich neu ist, also jenseits des gängigen Narrativs, entgegen dem Strom, outside the box. Die KI verfolgt immer dieselben hegemonialen Denkweisen. Das absurde daran ist aber, dass der Mensch, die die KI für zum Denken und Schaffen fähig hält, nun mit abermillionen technologischen Denkprodukten und Schöpfungen konfrontiert ist, die alle die Denkweisen reproduzieren, welche dieser technologischen Kultur unterliegen. Das heißt letztlich, dass die KI eine self-fullfilling prophecy ist – wenn alle denken wie sie, dann kann sie natürlich denken – denn nur wenn man individuell denkt, hinterfragt, diskutiert, spürt und lebt, kann man denken, dass das Denken und Schaffen der KI eine Reproduktion der gängigen Produkte ist.
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Die KI ist also ein gigantischer Schritt innerhalb der technologischen Kultur und Gesellschaft hin zum technologischen Totalitarismus: es gibt nur eine Denkweise, die zwar Millionen Ausprägungen kennt, aber diese ist technologisch. Ihre zutiefst autoritäre Natur offenbart die KI letztlich in dieser Hinsicht: da die technologische Kultur eine zutiefst rationale ist, wird sie dem Irrationalen, den Gefühlen, Inspirationen, Ideen und Lebensweisen, welche individuell sind und mit den hegemonialen Narrativen der technologischen Gesellschaft kollidieren, die Seinsberechtigung entziehen. In einer technologischen Gesellschaft, welche nur die technologische Kultur anerkennt, gilt nur diese. Die Technologie wird niemals die Technologie hinterfragen. Mit einem Technokraten über die Ethik der KI zu diskutieren ist absurd, denn er wird ohnehin weiterhin Technologie entwickeln. Gemäß seiner Rolle kann er die Technologie nicht hinterfragen. Die technologische Gesellschaft wird immer Technologien produzieren und entwickeln, koste es was es wolle, denn diese bedeuten stets einen Machtgewinn. Der zu zahlende Preis für diesen Machtgewinn wird ignoriert oder mit Medizin- und Unterhaltungstechnologie betäubt – und so wird das Schicksal der technologischen Gesellschaft unausweichlich in eine Katastrophe führen.
Was die technologischen Orakel nicht kennen und anerkennen, da es irrational, unlogisch und unwahr ist, existiert nicht und darf nicht existieren. Die Technologie an sich kann jedoch nichts verstehen, sie kann nichts für logisch oder wahr befinden, da sie selbst nichts empfinden oder nachvollziehen kann. Wenn jedoch die ganz Gesellschaft der Technologie die Fähigkeit zugesteht, logisch und wahr zu sein, dann ist nur noch die die Technologie logisch und wahr, denn sie bestimmt ferner darüber, was logisch und wahr, was falsch und richtig ist. Das ist technologischer Totalitarismus. Und dieser Totalitarismus wir alles prägen: Denn innerhalb der technologischen Gesellschaft ist der freie Wille eine Illusion. Die Technologie perfektioniert die Techniken der Propaganda und sorgt dafür, dass der Großteil der Menschen die gleichen Apps bedient, über die gleichen Sachen redet und sich dementsprechend verhält. Innerhalb einiger wenige Monate bedienen Milliarden Menschen ChatGPT und benutzen dessen antworten in allen Lebensbereichen. Ist das ein Produkt des freien Willens oder inhärenten Logik der Technologie? Wer ein Smartphone hat, will auch eine KI, denn diese vergrößert seine Freiheit und Macht. Und deswegen haben alle Menschen Smartphones und bedienen und befragen KIs und alle machen und denken die gleichen Sachen – und das ist Freiheit in der technologischen Gesellschaft.
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Letztlich unterliegt all dem eine philosophische Frage: was ist es, was Mensch und Technologie unterscheidet? Die durch die KI geschehende Gleichschaltung des Denkens und Schaffens ist ein Riesenschritt in die Richtung einer Totalität der technologischen Kultur. Im technologischen Totalitarismus wird der Unterschied zwischen Mensch und Technologie aufgehoben. Die Technologie wird in allen Bereichen zum Ideal. Zuerst wird menschliches und technologisches Denken und Schaffen eins. Dann werden menschliche Körper und Technologie eins. Alles ist technologisch, deswegen ist alles menschlich, alles ist eins. Wenn der Mensch sich selbst als technologisch empfindet – etwas, was logisch wäre, schließlich ist seine Welt, sein Schaffen und Denken technologisch – ist es der nächste Schritt auch körperlich mit der Technologie zu verfließen. Die synthetische Biologie, welche auf der künstlichen Intelligenz beruht, macht riesige Fortschritte und wird bald breit zur Anwendung gebracht werden. Dies wird dann das technologische Eingreifen in die menschliche Biologie bedeuten, in die DNA, die Fortpflanzung, den Körper. Wir sind historisch nur eine Millisekunde davon entfernt, dass menschliche Körper massenhaft technologisch „erweitert“ werden, sie also zu Cyborts werden, deren Körper und Nerven mit Sensoren verflossen sind. Technologie „gebärt“ jetzt schon synthetisches Fleisch, synthetische Viren, synthetische Organe und bald auch synthetische Tiere und Menschen.
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Bei alldem geht es nicht lediglich um Profit, um Mehrwert, um Geld. Die Gesellschaft nach dem Maßstab der Technologie zu gestalten entspringt der Ideologie, welche die technologische Gesellschaft selbst produziert: eine militaristische-patriarchale Ideologie, welche mittels möglichst maximaler technologischer Mittel alles und jeden bezwingen, beherrschen, manipulieren und schöpfen will. Nur mittels technologischer Überlegenheit konnte der Westen die ganze Erde und alle Völker kolonisieren. Der technologische Militarismus verschafft dem Staat die Möglichkeit über jede Grenze hinaus zu gehen, alles zu erreichen, alles möglich zu machen. Das einzige, was er dafür tun muss, ist letztlich mit ihr zu verfließen und eins zu werden. Die idiotischen Debatten darüber, wie ethisches Verhalten von KI aussehen könnte und wie man eine mögliche Diktatur einer bösen KI verhindern könnte, offebaren das eigentliche Problem: eine allmächtige KI kann nur militaristisch sein, da das ihrem Wesen entspricht. Die Angst vor einer allmächtigen KI, welche einem Supersoldaten gleich die Welt erobern und unterwerfen will ist nicht absurd, sondern logisch – schließlich ist der Militarismus der Quellcode der KI, welcher sie erschaffen hat. KI-Drohnen bomben seit Jahren eigenständig Menschen weg und allen ist bewusst, dass der Krieg eines der größten Anwendungsgebiete von KI ist. Und trotzdem sehnen sich viele nach der Diktatur einer guten und ethischen KI, da der Mensch doch im Kern fehlbar, dumm und nervig ist. Die KI hingegen ist ideal, etwas nachdem wir alltäglich trachten. In uns allen steckt eine kleine Technokrat:in, welche die Übermacht der Technologie anhimmelt, da sie doch so gut funktioniert und alles leichter macht. Dieses Denken ebnet den Weg des technologischen Totalitarismus, in welchem der Mensch ob seiner Fehlbarkeit nur noch eine konsumiernde Coachpotato ist, dessen Leben ohnehin geregelt wird. In Albanien gibt es bereits den ersten KI-Minister – ein „Mister“ gegen Korruption. Die Wahl für eine Rechenmaschine statt eines Menschen legt nahe, dass kein Mensch Schmiergeld ausschlagen könnte, da Menschen allesamt fehlbar sind – deswegen muss eine perfekte und ethische KI her.
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„Nun diskutieren wir über Unterschiede zwischen menschlichen und technologischen Schaffen, bald diskutieren wir über den Unterschied zwischen Mensch und Roboter.“
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Heutzutage hampeln zwar noch lächerliche Clowns an der Spitze der Staaten herum, doch die eigentliche Arbeit übernimmt die KI – die Diskurse auf Social Medai, die Nachrichtenmeldungen in der Zeitung, die Zielauswahl in Krieg, den Aktienkauf an der Börse, die Reden und Texte für Sitzungen, den Quellcode für die Programme, die Lösungen für unsere Fragen und Probleme.
Was Google für unsere Fähigkeit zu recherchieren ist, ist ChatGPT für unsere Fähigkeit zu denken. Während die Politiker in die Kameras lächeln schreiben KIs ihre Reden. Wir suchen nach unseren Krankheitssymptomen im Internet und die KI rechnet, wie man die DNA unser Kinder manipulieren müsste, damit sie diese Krankheit nicht bekommen. Alle diskutieren über Einsamkeit und Isolation, aber die Pflege- und Haushaltsroboter stehen schon beeit. Anarchst*innen sprechen über Selbstorganisation und Revolte und unsere Nachbar:innen vertrauen einem KI-Psychologen ihre Probleme an…..
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Die Technologie und diese Gesellschaft sind eins geworden. Der technologische Totalitarismus ist bereits Realität. Er kennt kein außerhalb. Die technologische Kultur durchdringt alles, auch ihre Gegener:innen. Im technologischen Totalitarismus wird auch die Antithese zu einer Reproduktion, welche alle dieselben technologischen Denkweisen reproduzieren. Die Zivilisation ersetzt das Menschliche durch die Technologie, sie degradiert den Menschen, um die Technologie an dessen Stellen zu setzen. Der Mensch wird zu etwas technologischen, alles wird technologisch. Die Zukunft der allumfassende Symbiose aus Technologie und Mensch, welche gerade schon auf Ebene des Denkens stattfindet. Nun diskutieren wir über Unterschiede zwischen menschlich und technologischen Schaffen, bald diskutieren wir über den Unterschied zwischen Mensch und Roboter. Welche Rechte hat ein Roboter? Welche Gefühle hat ein Roboter? Und was ist der Unterschied zwischen einem Cyborg und einem Mensch? Wenn manche Menschen das Privileg haben, sich technologisch erweitern zu lassen, sollten dann nicht alle das Recht auf die gleichen technologischen Möglichkeiten haben?
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Was bleibt ist die absolute Negation. Innerhalb des technologischen Totalitarismus gibt es keine Diskussion, kein Hinterfragen von Technologie, von technologischer Wahrheit und Logik. Mit KIs und Robotern kann man nicht diskutieren. In unserem Schaffen müssen wir mit der technologischen Kultur der Herrschaft brechen. Wir müssen die technologische Kultur begreifen, hinterfragen, zurückweisen, attackieren. Unsere Analysen und Vorschläge, wie sich diese Gesellschaft entwickelt, hinken der Zeit hinterher. Wir sprechen über Überwachung und Datenklau, während KIs anarchistische Texte schreiben. Wollen wir unsere Unfreiheit überwinden, müssen wir die technologische Kultur zerstören. Den Bildschirm als Symbol dieser technologischen Gesellschaft, als Symbol der Technologie, die uns voneinander trennt, die uns beraubt und alles durchdringt. Die technologische Kultur verkrüppelt unser Denken und Fühlen, entkörpert unsere Sinne und Beziehungen, beutet uns aus und hält uns klein. Wollen wir die technologische Kultur zerstören, müssen wir unseren Glauben an die Technologie hinterfragen, an ihre Macht, Perfektion und ihren militaristisch-patriarchalen Optimierungswahn und wie sich diese in unser Denken und Handeln fressen.
Wir wollen direkt handeln und leben, unseren Körper als auch den Boden unter unseren Füßen spüren. Wir wollen die Trennung zwischen uns der Welt überwinden, den symbolischen Bildschirm zerschlagen und den Glauben die technologischen Zaubermaschinen hinter uns lassen – um unser eigenes, fehlerhaftes, unvermitteltes Leben zu leben. Wir gehen zum Angriff auf das industrielle System über, auf seine Strukturen der Zerstörung und Ausbeutung, weil wir selbst leben wollen. Die technologische Kultur zerstört die welt und trennt uns von ihr, indem sie uns einschließt, in dumpfe digitale Blasen. Innerhalb der technologischen Kultur wird alles degradiert, was heilig und wunder
voll ist: die Erde, unsere Körper, das Leben, die Zwischenmenschlichkeit. Die technologische Kultur macht uns zu Menschen ohne Welt, welche keine Gemeinschaft, keine Wurzeln, keinen Sinn und keine Imagination haben. Die technologische Kultur macht uns zu unfähigen Knechten, indem wir das Vertrauen in unsere eigenen Hände, unser eigenes Denken, Fühlen und Sehen – in unsere Sinne und Erfahrungen – versucht zu zerstören, damit wir alles so tun, wie sie es diktiert. Die technologische Kultur raubt und zerstört das, was das menschlichste des Menschen ist: unsere Vorstellungskraft. Ohne Imagination können wir nur in der Herdenmentalitätdenken, nur entlang der vorherrschenden Redensweise – also gar nicht. Ohne Imagination gibt es keine Kreativität, kein explosives Denken, keinen Mut, alles in Frage zu stellen. Wer die Imagination zerstört, sorgt dafür, dass immer alles gleich bleibt.
Klauen wir uns unsere Vorstellungskraft zurück, schöpfen eine rebellische Kultur entgegen der technologischen Kultur dieser militaristischen und autoritären Gesellschaft, denken und handeln wir als Menschen, die einen Bezug zur Welt haben und in der Welt handeln und leben – und zerstören die Bildschirme.






